Blogreihe: Frauen im Kontext von Flucht und Migration – Menschenhandel als Herausforderung

Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen ist ein Aktionstag zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen. Dieser Tag, auch bekannt als Orange Day, wird jedes Jahr am 25. November begangen und wurde 1999 von den Vereinten Nationen offiziell anerkannt. Im Rahmen dieses Aktionstages widmet sich diese Blogreihe dem Thema Frauen im Kontext von Flucht und Migration. Der Fokus liegt dabei auf den besonderen Herausforderungen, denen Frauen auf der Flucht begegnen, und den rechtlichen Schutzmechanismen, die ihnen zur Verfügung stehen.

Menschenhandel im Kontext von Flucht und Migration: Frauen als Hauptbetroffene

Menschenhandel ist ein globales Problem, das vor allem Menschen in prekären Lebensverhältnissen betrifft. Frauen, die auf der Flucht sind oder unter schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen leben, sind besonders gefährdet. Im Kontext von Flucht und Migration geraten viele von ihnen auf der Suche nach Schutz und Sicherheit in die Fänge von Menschenhändlern, die ihre Hilflosigkeit ausnutzen. Laut Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind weltweit etwa 40,3 Millionen Menschen Opfer von moderner Sklaverei, wozu auch Menschenhandel zählt. Etwa 70 % der identifizierten Opfer von Menschenhandel sind Frauen und Mädchen, wobei die Mehrheit zur sexuellen Ausbeutung gezwungen wird. Besonders in Europa, einem zentralen Zielland für Menschenhandel, machen Frauen einen Großteil der Betroffenen aus.

Die Phasen des Menschenhandels

Menschenhandel ist ein komplexes Phänomen, das sich in verschiedenen Phasen abspielen kann. Diese Gefahren treten nicht immer in einer festen Reihenfolge auf – sie können einzeln oder in Kombination auftreten:

1. Anwerbung:
Der erste Kontakt erfolgt oft im Herkunftsland. Frauen werden durch falsche Versprechungen von Arbeit oder Sicherheit angelockt. Menschenhändler nutzen gezielt wirtschaftliche Notlagen, soziale Isolation oder die Hoffnung auf ein besseres Leben aus, um Vertrauen zu gewinnen oder Druck auszuüben.

2. Transport und Transit:
Auf dem Weg nach Europa, besonders in Transitländern wie Libyen oder auf gefährlichen Fluchtrouten über das Mittelmeer, geraten viele Frauen in völlige Abhängigkeit von Schleppern. Sie werden bereits während der Flucht gezwungen, sexuelle Dienstleistungen oder Zwangsarbeit zu leisten – sei es, um angebliche Schulden zu begleichen, oder weil die Täter die Situation für unmittelbare Ausbeutung nutzen. Gewalt und Missbrauch sind hierbei an der Tagesordnung, während die Frauen oft keinen Ausweg sehen.

3. Ausbeutung im Zielland:
In Zielländern wie Deutschland oder Italien wird die Abhängigkeit der Frauen weiter ausgenutzt. Sie werden zur Zwangsprostitution oder Zwangsarbeit gezwungen, oft durch Schulden, Gewalt oder den Entzug ihrer Papiere. In vielen Fällen sehen die Betroffenen keinen Ausweg und bleiben in einem Kreislauf der Ausbeutung gefangen.

Wann ist Menschenhandel ein Asylgrund?

Opfer von Menschenhandel zu sein, ist allein kein Asylgrund. Entscheidend ist, ob der betroffenen Frau bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland Verfolgung droht. Erfahrungen mit Menschenhandel in Transit- oder Zielländern oder schwerwiegende Erlebnisse in der Vergangenheit – so schrecklich sie auch waren – spielen für die asylrechtliche Beurteilung nur dann eine Rolle, wenn daraus eine konkrete Gefahr bei Rückkehr begründet wird.
Auch der Gesundheitszustand der Frau kann eine wichtige Rolle spielen. Psychische oder physische Folgen des Menschenhandels können eine Rückkehr ins Herkunftsland unzumutbar machen, insbesondere wenn keine angemessene medizinische Versorgung gewährleistet ist.
Viele Frauen stehen jedoch vor großen Herausforderungen im Asylverfahren. Häufig wird erst spät erkannt, dass sie Opfer von Menschenhandel sind, was dazu führt, dass ihre besonderen Schutzbedürfnisse nicht frühzeitig berücksichtigt werden. Ein Grund dafür ist, dass viele Frauen gar nicht wissen, dass ihre Erfahrungen für das Asylverfahren relevant sein können – oder dass sie überhaupt Opfer von Menschenhandel geworden sind. Die oft extrem belastenden Erlebnisse machen es ihnen zusätzlich schwer, ihre Situation zu schildern und die notwendigen Informationen rechtzeitig vorzubringen.
Hinzu kommt, dass es in vielen Verfahren schwierig ist, die Gefahr der Verfolgung oder den Gesundheitszustand nachzuweisen. Frauen verfügen häufig nicht über medizinische Gutachten oder Belege für die Verfolgung in ihrem Herkunftsland. Gleichzeitig fehlt es oft an traumasensiblen Ansätzen, sodass die psychische Belastung der Frauen nicht ausreichend berücksichtigt wird. Behörden, die keine ausreichenden Schulungen zu Menschenhandel und den besonderen Schutzbedürfnissen der Betroffenen erhalten haben, erschweren den Zugang zu einem fairen Verfahren zusätzlich.

Welche Rechte haben Opfer von Menschenhandel in Deutschland?

Neben der Anerkennung als Flüchtling gibt es in Deutschland weitere rechtliche Schutzmöglichkeiten für Opfer von Menschenhandel. Eine wichtige Regelung ist § 25 Absatz 4a des Aufenthaltsgesetzes, der eine Aufenthaltserlaubnis für Betroffene vorsieht, wenn sie bei der Aufklärung schwerwiegender Straftaten mitwirken.
Darüber hinaus regelt § 59 Absatz 7 AufenthG die sogenannte Stabilisierungszeit. Diese gibt den Betroffenen Zeit, sich von ihrer traumatischen Situation zu erholen, bevor sie entscheiden müssen, ob sie bereit sind, bei der Strafverfolgung mitzuwirken. Während dieser Zeit darf keine Abschiebung erfolgen, und die Opfer können die notwendigen Unterstützungsmaßnahmen, wie medizinische Versorgung und psychosoziale Betreuung, in Anspruch nehmen.
Auch im Strafverfahren gibt es Schutzmechanismen für Betroffene. So können Opfer unter bestimmten Voraussetzungen anonym bleiben oder ihre Aussage unter besonderen Schutzmaßnahmen machen, wie es in § 68a StPO geregelt ist. In besonders belastenden Fällen kann die Öffentlichkeit während der Vernehmung ausgeschlossen werden, um die Betroffenen zu schützen (§ 247 StPO). Darüber hinaus haben sie Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung nach § 406g StPO, die sie emotional und rechtlich unterstützt und hilft, die Belastungen des Verfahrens zu bewältigen.