Am 8. Dezember 2024 wurde das Assad-Regime in Syrien gestürzt. Trotz der ungewissen Zukunft Syriens begannen unmittelbar Diskussionen darüber, ob und inwiefern eine Rückkehr der syrischen Geflüchteten möglich sein könnte. Dies führt bei vielen Syrern in Deutschland zu Unsicherheit und sie fragen sich, welche Auswirkungen die neue politische Lage auf ihren Schutzstatus und ihren Aufenthalt haben könnte.
BAMF setzt Entscheidungen aus
Bereits einen Tag nach dem Machtwechsel hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angekündigt, die Bearbeitung von Asylanträgen syrischer Staatsangehöriger vorübergehend auszusetzen. Damit soll Zeit geschaffen werden, die Lage in Syrien und ihre möglichen Folgen für Geflüchtete zu analysieren. Diese Entscheidung bedeutet zunächst, dass über keine neuen Anträge entschieden werden. Sollte das BAMF über einen längeren Zeitraum untätig bleiben, könnte jedoch geprüft werden, ob eine Untätigkeitsklage gerechtfertigt ist. Aktuell dürfte jedoch ein sachlicher Grund vorliegen, die Entscheidungen auszusetzen.
Diskussion um Rückkehrprogramme
In der politischen Debatte hat Jens Spahn (CDU) vorgeschlagen, freiwillige Rückkehrprogramme für syrische Staatsangehörige einzuführen. Solche Programme sollen Anreize schaffen, wie ein Handgeld von 1.000 Euro und die Übernahme der Reisekosten (vgl. dazu https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-12/migration-jens-spahn-gefluechtete-syrien-rueckkehr-startgeld)
Wichtig ist jedoch, dass dieser Vorschlag nicht auf Abschiebungen abzielen, sondern sich (zunächst) ausschließlich an Rückkehrwillige richtet. Abschiebungen werden in absehbarer Zeit vor allem für Straftäter forciert werden, sobald diplomatische Ansprechpartner in Syrien aufgenommen worden sind. Das Beispiel Afghanistan zeigt, dass Abschiebungen auch unter schwierigen politischen Verhältnissen wieder aufgenommen werden und auch eine Terrororganisation als Partner kein Hindernis ist.
Was bedeutet der Machtwechsel in Syrien für meinen Schutzstatus?
Das BAMF wird die Lage in Syrien weiterhin genau beobachten und prüfen, wie sich der Machtwechsel auf anerkannte Schutzstatus auswirkt. Dabei ist zwischen den verschiedenen Schutzformen zu unterscheiden:
- Flüchtlingseigenschaft:
Diese wird gewährt, wenn eine Person individuell verfolgt wird, beispielsweise aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen. Häufig basierte die Zuerkennung dieses Status bei Syrern auf der Gefahr politischer Verfolgung durch das Assad-Regime. Nach dem Machtwechsel wird das BAMF die Ansicht vertreten, das eine solche Verfolgungsgefahr nicht mehr besteht. - Subsidiärer Schutz:
Dieser Schutz wird gewährt, wenn ernsthafte Gefahren wie Folter, Todesstrafe oder Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts drohen. In der Vergangenheit wurde dieser Status wegen der Bürgerkriegssituation in Syrien oft zuerkannt. Nach einem Machtwechsel könnte das BAMF annehmen, dass dieser Bürgerkrieg vorbei ist. - Abschiebungsverbote:
Es ist davon auszugehen, dass künftig vermehrt nur noch Abschiebungsverbote erteilt werden. Diese basieren in der Regel auf der schlechten humanitären Lage im Herkunftsland. Zwar bieten Abschiebungsverbote Schutz vor Rückführungen, sie sind jedoch in ihrer Reichweite und Dauer oft eingeschränkt und bieten keine langfristige Sicherheit.
Was passiert, wenn das BAMF eine veränderte Sachlage annimmt?
Sollte das BAMF feststellen, dass die ursprünglichen Gründe für den Schutzstatus nicht mehr bestehen, könnte dies zur Einleitung eines Widerrufsverfahrens führen. Dabei prüft das BAMF, ob die Voraussetzungen für den Schutzstatus weiterhin gegeben sind.
Was bedeuten Widerrufsverfahren?
Ein Widerrufsverfahren wird eingeleitet, um zu klären, ob der Schutzstatus noch berechtigt ist. Dies kann folgende Konsequenzen haben:
- Flüchtlingseigenschaft:
Wenn keine individuelle Verfolgung mehr droht, wird der Status widerrufen. - Subsidiärer Schutz:
Entfallen die Gefahren durch Krieg oder Gewalt, könnte auch dieser Status aufgehoben werden.
Folgen eines Widerrufs:
Ein Widerruf kann dazu führen, dass der Aufenthaltstitel erlischt. Betroffene haben jedoch die Möglichkeit, gegen die Entscheidung rechtlich vorzugehen. In solchen Fällen ist es ratsam, sich frühzeitig juristisch beraten zu lassen. Insbesondere da bei diesen Widerrufsverfahren oftmals in der Prüfung vernachlässigt wird, ob eine andere Gefahr droht, als die, die zu dem Schutzstatus geführt hat.
Was kann man tun, um vorbereitet zu sein?
Um Unsicherheiten zu vermeiden, sollten Betroffene ihren Aufenthaltstitel verfestigen. Dies kann durch die Beantragung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder durch eine Einbürgerung geschehen. Diese Maßnahmen bieten langfristige Sicherheit und machen den Aufenthalt unabhängig von der Situation in Syrien. Ein weiterer Vorteil: Es besteht die Möglichkeit Verwandte in Syrien zu besuchen. Mit einem Schutzstatus droht jedoch bei einer Reise im Herkunftsland, ebenfalls der Widerruf.
Besonders betroffen: Personen mit einer Ausweisungsverfügung
Personen, die aufgrund einer Ausweisungsverfügung nur geduldet sind und keine Aufenthaltserlaubnis besitzen, könnten von den aktuellen Entwicklungen besonders betroffen sein. Zwar ist derzeit noch keine Rückführung nach Syrien möglich, jedoch werden diese Personen voraussichtlich zu denjenigen gehören, die bei einer möglichen Wiederaufnahme von Abschiebungen besonders priorisiert werden.
Unter Aufhebung der Ausweisungsverfügung könnte ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt werden. Dies setzt eine positive Entwicklung voraus. Eine Duldung bietet keine langfristige Sicherheit, daher ist es ratsam, frühzeitig die eigene Situation zu prüfen und rechtliche Möglichkeiten auszuloten.
Fazit:
Der Machtwechsel in Syrien bringt für syrische Geflüchtete in Deutschland zunächst keine sofortigen Veränderungen mit sich. Abschiebungen drohen nicht umgehend, und viele Fragen zur zukünftigen Lage sind noch offen. Dennoch ist es sinnvoll, die Entwicklungen aufmerksam zu beobachten und bereits jetzt Schritte zu unternehmen, um den Aufenthalt langfristig abzusichern – sei es durch eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder eine Einbürgerung. Die Verfestigung des Aufenthalts bietet langfristige Sicherheit und sorgt dafür, dass der Aufenthalt in Deutschland unabhängig von politischen Entwicklungen in Syrien bleibt.